Kaliforniens Hochglanzskyline mit Hippiefaktor – 3 Tage San Francisco
- Daniel

- 27. Apr. 2017
- 6 Min. Lesezeit
Fällt der Begriff Bay Area, denken viele an Golden Gate Bridge, Alcatraz und Häuser im viktorianischen Stil. Aber auch die Geburt eines neuen Lifestyles ist untrennbar mit der Region verbunden. Als sich 1967 immer mehr junge Menschen in Haight Ashbury treffen, um gemeinsam Marihuana zu rauchen, Rockkonzerte zu veranstalten und Kommunen zu gründen, ist das der Beginn des ‚Summer of Love‘ in San Francisco. Als friedliche Bewegung für eine positive Veränderung in der Gesellschaft gestartet, entwickelte sich die Hippie-Bewegung zu einem Lebensgefühl.
Einige Jahrzehnte Später hat sich die Stadt zu einer pulsierenden Metropole entwickelt. Schlichte Großstadthäuser und Second-Hand-Läden sind modernen Cafés und schicken Bauten im originalnahen Stil gewichen. Statt in den Straßen zugedröhnt zu feiern, bestimmen Tourismus und Geschäftsleben das Geschehen. Doch sieht man genau hin, schimmert ab und an das Knallbunte der mit gedeckten Farben übermalten Geschichte hindurch und man fühlt sich ein paar Jahrzehnte zurückversetzt. San Francisco - Eine Stadt aus dem Bilderbuch.
Mehr als gedacht

Eigentlich wollen wir nicht lange bleiben. Auf die Tage in der Natur des Yosemite und Sequoia Nationalparks soll nun das Kontrastprogramm folgen. Großstädte haben wir bereits genügend gesehen, wollen uns aber ‚Frisco‘ nicht entgehen lassen, wenn wir schon mal in der Nähe sind. Der Plan steht fest: Ankommen, Sightseeing, Down-Town am Abend– der ganz normale Touri-Kram. Und am nächsten Tag wieder zurück auf unseren Roadtrip. Dass San Francisco allerding so unfassbar viel zu bieten hat, hätten wir nicht gedacht.
Wir erreichen die Stadt von Süden aus. Da die meisten Brücken zur Rush Hour voll sind und die anderen beiden Wege rein nach San Francisco über die Golden Gate Bridge im Norden und Treasure Island im Osten führen, wählen wir den Landweg und steuern direkt den Norden der Stadt an. Der Verkehr hält sich in Grenzen und wir entscheiden spontan die Golden Gate Bridge zu überqueren und uns einen Eindruck der Stadt von der anderen Seite des Wassers aus zu verschaffen. Am Horseshoe Bay stellen wir das Auto für die nächsten Stunden ab, denn die große rote Brücke, das Wahrzeichen der Stadt, wollen wir zu Fuß erkunden.
Das Goldene Tor und seine knallrote Verbindung
Geplant ist eine komplette Überquerung, hin und zurück. Die Brücke, die die Stadt mit dem nordkalifornischen Festland verbindet, ist gut für Passanten und Radfahrer ausgebaut. Die Gesamtlänge von über 2.700m bemerken wir erst, als wir bereits eine halbe Stunde gelaufen sind und noch nicht mal an der Mitte der Brücke angekommen sind. Die Sicht auf San Francisco ist beeindruckend und beim Blick nach unten sehen wir die starken Strömungen, die das Erreichen des anderen Ufers beim Schwimmen in der kalten Bucht nahezu unmöglich machen. Wie auf Brücken üblich, ist es sehr windig, was auf dieser wegen der 67m Höhe besonders auffällt. Wir entscheiden uns nach der Hälfte des Weges den Rückweg anzutreten. Es ist mittlerweile nachmittags und wir suchen uns einen günstigen Punkt zum Einstieg in den 49-Miles Scenic Drive.
Ursprünglich für die Weltausstellung 1939 eingerichtet, leitet der Rundweg die Besucher noch heute zu den wichtigsten Orten der Stadt
Zur Weltausstellung 1939 wurde für die Touristen der heute noch existierende 49-Miles Scenic Drive entworfen. Auf knapp 80km führt der Rundweg durch die Stadt vorbei an den schönsten Wahrzeichen, Sehenswürdigkeiten und historischen Gebäuden. Schilder mit einer weißen Möwe auf blauem Grund leiten die Besucher durch den Parcours. Obwohl viele Touren angeboten werden, die alle Spots der Stecke abfahren, entscheiden wir uns selbst zu fahren. So können wir entscheiden, wie lange wir wo bleiben.

Wir starten am AT&T Park im Osten der Stadt, dem Baseballstadion der San Francisco Giants und begeben uns Richtung Norden den Embarcadero entlang, der großen Straße, die am östlichen Küstenstreifen der Stadt von der Bay Bridge bis zu Fisherman’s Wharf führt und auf 3km Länge bereits einige der Wahrzeichen bietet. Vorbei am Ferry Building mit seiner markanten Uhr über das Indianer-Denkmal hin zum Pier 39. Zwischendurch führt und der Drive weg von der Embarcadero Street und leitet uns durch den Financial District, vorbei am Civic Center und durch Chinatown. Überall stoppen wir, schauen uns die markanten und in Ihrer Art völlig unterschiedlichen Spots an und erkunden eine Weile die Gegend zu Fuß. So geht es den ganzen Tag. Union Square, Geary Boulevard, Moscone Center, Transamerica Pyramid, Coit Tower, Fort Mason. Die unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten sind so verschieden sie nur sein können. Von Kunstwerken wie einem riesigen Pfeil und Bogen über Gebäude und Strände bis hin zu Alltagsgegenständen wie einem Hydranten, der mit goldener Farbe angemalt nun ein Touristenmagnet ist. Nicht fehlen darf natürlich eine Fahrt auf der Lombard-Street, eine bergab führende, geschwungene Einbahnstraße und eines der berühmtesten Wahrzeichen der San Franciscos.
Gegen frühen Abend erreichen wir Pier 39, Wahrzeichen Nummer 18 von über 50. Hier liegen seit vielen Jahren hunderte Seelöwen rum. Eines Tages waren sie wohl einfach da, erzählt uns ein Einheimischer. Die ehemalige Schiffsanlegestelle ist mittlerweile mehr Rummel als alles andere. Wir verbringen den Abend hier, schauen uns Fisherman’s Wharf an, genießen das bunte Treiben, schlendern durch kleine Souvenirläden und lassen es uns bei einem Abendessen über den Dächern der Bucht gut gehen.
Cable Cars und Skulpturengarten
Nach dem Touristen-Programm gestern, lassen wir es heute ruhiger angehen und nehmen uns ein paar Gärten, Plätze und Parks vor, in denen wir entspannen und zu Fuß die Gegend erkunden können. Neben einem ausgedehnten Spaziergang im Chinese Garden, in dem viele Skulpturen und wunderschöne Pflanzen zu entdecken gibt, besuchen wir die Cable Car, die klassische Straßenbahn, die noch immer fährt. Anschließend besuchen wir den Coit Tower und lesen Warnschilder, dass man freilaufende Coyoten nach Möglichkeit nicht streicheln sollte. Dankbar über den Hinweis und froh darüber, dass wir erst heute von wilden und zum Teil gefährlichen Tieren in einer Großstadt erfahren, setzen wir unsere Wanderung fort. National Cemetery, Crissy Field und Fort Point gewähren Einblicke in die militärische Vergangenheit der Stadt, bevor Baker Beach, Lands End und Ocean Beach eine fantastische Kulisse für schöne Fotos bescheren. Am Nachmittag besuchen wir dann den Golden State Park, Haight Ashbury und den Alamo Square, wo uns die Painted Ladies, mehrfarbig gestrichene Holzhäuser im viktorianischen Stil, ihr hübsches Gesicht zeigen. Den wohl schönsten Blick über ganz San Francisco genießen wir von den Twin Peaks aus.

Da wir für heute Abend Tickets für ein NBA Spiel in der Nachbarstadt Oakland haben, vorher jedoch noch eine Unterkunft suchen und was essen wollen, lassen wir es für heute gut sein mit Sightseeing.
Indianerreservat, Museumsinsel und ‚Home of Scarface‘
Die Eindrücke der letzten Tage noch gar nicht richtig verarbeitet, starten wir in den nächsten Morgen. Wir lassen heute das Auto stehen und laufen ca. 3km zum Pier, denn von hier startet unsere Fähre. Spontan haben wir eine geführte Tour nach, über und durch Alcatraz gebucht. Die Gefängnisinsel ist vielen aus Filmen bekannt. Berühmtester Häftling war mit Abstand Al Capone, Mafiaboss und ungekrönter König Chicagos, der wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt worden war und 5 davon in diesem Hochsicherheitsgefängnis absaß, bevor er 1939 wegen guter Führung vorzeitig entlassen wurde. Angeblich ist niemandem die Flucht von Alcatraz gelungen, obwohl man sich bei dem Versuch dreier Häftlinge im Jahr 1962 bis heute nicht sicher ist. Übereinstimmend gibt es 3 gute Gründe, warum man nicht fliehen kann – Das kalte Wasser und die starken Strömungen, die ein Erreichen des Ufers nahezu unmöglich machen, Haie in der Bucht und die Gewehrkugeln der Wärter. Man ging davon aus, dass die 3 Ausbrecher im Wasser umkamen, die Leichen wurden jedoch nie gefunden.
Unzählige Mythen ranken sich um die Insel. Viele von denen erzählt uns William G. Baker. Wer sollte all das besser können als er, war er doch selbst unter der Nummer #1259 von 1957 bis 1960 Häftling in Alcatraz. Nachdem er aus vielen Gefängnissen geflohen war, sperrte man ihn endlich ausbruchsicher weg. Zeitlebens kriminell, seine letzte Gefängnisstrafe saß er bis 2011 ab, war er von seinen über 80 Lebensjahren 50 im Gefängnis. Baker kommt regelmäßig nach Alcatraz zurück und promotet seine Autobiografie.
Vom Hochsicherheitstrakt zum Geistergefängnis

Obwohl die Insel ziemlich voll ist, liegt über ihr eine fast schon bedrückende Stille. Über die in die Jahre gekommene Gebäudefassade legt sich ein Sepiaschleier und Gänsehaut breitet sich aus. Die ersten Minuten schauen wir uns die Insel eigenständig an und laufen bedächtig über holperige Wege vorbei an alten Gebäuden und Ruinen, deren verfallenes Äußeres die angespannte Stimmung unterstreicht. Dann geht es hinein. Wir werden den originalen Weg entlanggeführt, den die Häftlinge bei Erstankunft auch gehen mussten. Requisiten aus der Zeit um 1960 veranschaulichen, wie der Einzug damals abgelaufen ist. Um uns herum sind mittlerweile mehr Gitterstäbe als Wände zu sehen. Beim Gang durch die Zellentrakte ist es still. Wir haben Kopfhörer auf und folgen der Erzählerstimme andächtig. Das beklemmende Gefühl verschwindet nie richtig, sind wir doch mit dem Gedanken konfrontiert, dass Menschen hier völlig abgeschieden von der Außenwelt auf 3m² lebten – ohne Luxus, ohne Zeitung, mit nur sehr eingeschränktem Briefverkehr. Nach etwa 3 Stunden sind Tour und Selbsterkundung der Insel vorbei. Wir setzen mit der nächsten Fähre über und sprechen kaum ein Wort. Tief bewegt holen wir das Auto und setzen unsere Reise auf dem Highway 1 in Richtung Süden fort.
Wenig erwartet und viel bekommen
San Francisco hat uns völlig überrascht. Typische Großstadt und doch völlig untypisch. Das schönste an ihr ist, dass jede Ecke, jeder Winkel aussieht wie aus einem Hochglanz-Reisemagazin. Die Stadt der 1.000 schönen Fotos ist definitiv mehr als nur ein Zwischenstopp und sollte auf deinem Roadtrip einen festeingeplanten Spot bekommen.




















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